Wie das "Trauma Bonding" dich gefangen hält
- alexandraschoen2
- 3. Sept. 2024
- 6 Min. Lesezeit

Du wirst geschlagen, gedemütigt, betrogen, belogen und vieles mehr. Trotzdem bleibst du in der Beziehung, vielleicht verteidigst du ihn sogar noch vor deiner Familie und deinen Freunden - und vor dir selbst. Deine Liebsten verstehen einfach nicht, wieso du dich nicht schon längst von ihm getrennt hast. Insgeheim verstehst du es auch nicht. Schon mehrere Male hast du dir gesagt, dass du dich nun endgütlig von ihm trennen wirst - jedes Mal bist du dann aber doch wieder zurück und die Beziehung wurde von Mal zu Mal schlimmer. Gedanken wie "Wenn er XY tut, bin ich weg." kennst du nur zu gut und obwohl er XY irgendwann auch gemacht hat, bist du nach wie vor an seiner Seite. Bist du zu schwach um zu gehen? Hast du diese Art der "Liebe" einfach verdient? Etwas besseres als ihn gibt es für dich nicht? Ist das dein Karma oder übertreibst du einfach nur? NEIN! Das liegt schlicht am "Trauma Bonding". Es hält dich unfreiwillig in missbräuchlichen, toxischen Beziehungen fest.
Einfachheitshalber verwende ich im folgenden Text den Begriff "Narzisst" (männlich), möchte aber darauf hinweisen,
dass es auch viele weibliche Narzissen gibt.
Was ist "Trauma Bonding"?
Eine Traumabindung ist eine intensive emotionale Verbindung zwischen einer verletzten, unterwürfigen Person und der Person, die Schaden verursacht und die Kontrolle hat. Dies geschieht in der Regel in toxischen/narzisstischen Liebesbeziehungen, Familien und Freundschaften (dieser Beitrag konzentriert sich auf Liebesbeziehungen). Sie ist komplizierter als typische Beziehungen und beinhaltet Gefühle von Angst, Loyalität und Abhängigkeit. Traumatische Bindungen entstehen oft dort, wo Missbrauch oder Manipulation lange andauern, so dass es für das Opfer schwierig ist, sich zu befreien.
Wie entsteht "Trauma Bonding"?
Es gibt 7 Phasen des "Trauma Bondings" von denen jede den Kreislauf des Schmerzes in missbräuchlichen Beziehungen fortsetzt. Auch wenn es für das Opfer schwer ist, sich davon zu befreien, kann das Verständnis dieser Phasen helfen, die Bindung zu durchbrechen. Zu Beginn fühlen sich solche Beziehungen sehr gut an, werden aber peu à peu missbräuchlicher.

Idealisierung: Die Anfangsphase beinhaltet eine idealisierte Wahrnehmung des Partners, wobei Makel gerne übersehen werden.
Abwertung: Die negativen Eigenschaften und Verhaltensweisen des Partners werden offensichtlich und verursachen Verwirrung und emotionalen Schmerz.
Hoffnung: Du hoffst, dass dein Partner zu seinem ursprünglichen positiven Verhalten zurückkehrt.
Angst: Die unberechenbare Art deines Partner flösst dir Angst ein und schafft ein Gefühl der Hilflosigkeit.
Verstrickung: Deine Identität verwebt sich langsam mit der deines Partners, was zu emotionaler Abhängigkeit führt.
Verzweiflung: Anhaltende Missbrauchszyklen führen zu emotionalen Tiefpunkten, die noch mehr Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung hervorrufen.
Loslösung: Du erkennst die ungesunde Bindung und versuchst, dich zu befreien und wieder selbständig zu werden.
Dieser Prozess hat erhebliche Auswirkungen auf die Weltanschauung des Opfers, seinen Sinn für die Realität und sein Verhältnis zu sich selbst. Im Schnitt versuchen sich Betroffene rund 7x sich von der toxischen/narzisstischen Person zu trennen, bevor sie es endgültig schafft. Daran erkennst du, wie stark so eine traumatische Bindung sein kann.
Anzeichen, Warnsignale und Auswirkungen
Um eine traumatische Bindung zu erkennen, gibt es verschiedenste Anzeichen und Warnsignale.
Entschuldigung missbräuchlichen Verhaltens: Rationalisierung oder Rechtfertigung der schädlichen Handlungen des Partners.
Intensive emotionale Bindung: Du fühlst dich übermässig an deinen Partner gebunden, auch wenn die Beziehung dir nicht gut tut.
Angst vor dem Verlassenwerden: Du fühlst eine starke Angst vor dem Alleinsein oder Verlassenwerden, die zu einem Widerwillen führt, die Beziehung zu beenden.
Unfähigkeit, sich zu lösen: Du hast Schwierigkeiten, dich aus deiner toxischen Beziehung zu lösen, obwohl du dir ihrer negativen Auswirkungen bewusst bist.
Zyklische Muster: Sich wiederholende Muster von Trennung und Versöhnung mit deinem Partner.
(Un-)freiwillge Isolation: Rückzug von Freunden und Familie aufgrund des Einflusses deines Partner. Manchmal auch aus "freiem Willen", dem Partner gefallen zu müssen.
Starke Bindung: Du fühlst dich überaus stark an deinen Partner gebunden, er aber nicht an das dich. Das führt dazu, dass nur du bemüht bist, das Gespräch zu suchen, Konflikte zu klären, sich zu verändern und einen gemeinsamen Weg zu finden.
Stimmungsschwankungen: Das Erleben extremer Hochs und Tiefs in Abhängigkeit von den Handlungen und der Aufmerksamkeit deines Partners.
All dies führt auch unweigerlich zu gewissen Auswirkungen für Körper, Geist und Seele. Das "Trauma Bonding" gleicht einer Gehirnwäsche, welche nicht nur während der Beziehung besteht, sondern meist auch noch lange nach dem Beenden der Beziehung. Folgende Auswirkungen können unter anderem auftreten:
Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) oder andere psychische Erkrankungen
Selbstzweifel, Selbsthass, geringe Selbstliebe
Substanzmissbrauch, um mit dem Erlebten klar zu kommen
Störungen des Hormonhaushalts, der Gehirnchemie, allg. verschlechterte Gehirnfunktion
Isolation / Einsamkeit
kognitive Verzerrungen, bei der Betroffene nicht mehr zwischen Freundlichkeit und Gefahr unterscheiden können
Angst- & Panikstörungen
Viele verschiedenste körperliche Probleme wie Schlafstörungen, Verdauungsprobleme, Infektanfälligkeit etc.
Verhalten von Tätern in einer traumatischen Bindung
Jemanden zu erkennen, der dazu neigt, seinen Partner innerhalb der Beziehung zu missbrauchen, ist sehr schwer und doch gibt es einige Anzeichen, worauf du achten solltest.
Manipulationen, Gaslighting, Kontrolle
Ausnutzen deiner Schwachstellen
Unterdrückung und Isolation
Schüren von Selbstzweifeln
Bewusstes aufrechterhalten von Konflikten
Drohungen und Aggression, auch passiv aggressives Verhalten
Einnehmen der Opferrolle
Wie man das "Trauma Bonding" löst
Um sich aus der Traumabindung zu befreien, sind mehrere Schritte erforderlich:
Erkenne die Traumabindung an: Erkenne und akzeptiere , dass eine Traumabindung besteht. Erkenne die ungesunden Muster in der Beziehung an.
Bilde dich weiter: Informier dich über "Trauma Bonding", dessen Dynamik und die Auswirkungen, die es haben kann. Wenn du die psychologischen Aspekte verstehst, kannst du dich selbst stärken.
Suche dir professionelle Hilfe: Ein Therapeut oder Berater/Coach kann dich beraten und unterstützen. Durch professionelle Hilfe kannst du Strategien lernen, um die emotionalen Herausforderungen zu bewältigen und die Bindung zu lösen.
Baue ein Unterstützungssystem auf: Umgib dich mit Freunden, Familie oder auch in Selbsthilfegruppen. Teile deine Erfahrungen und Gefühle mit Menschen, denen du vertrauen kannst.
Setze Grenzen: Ziehe klare Grenzen zu der Person, die das Trauma verursacht hat. Schränke den Kontakt ein oder noch besser, gehe "No-Contact", also den Kontakt komplett abbrechen. Du kannst nicht in dem Umfeld genesen, welches dich krank gemacht hat!
Selbstfürsorge: Priorisiere Aktivitäten zur Selbstfürsorge, die dein geistiges und emotionales Wohlbefinden fördern. Dazu können Bewegung, Achtsamkeit, Hobbys und Aktivitäten gehören, die dir Spass machen.
Hinterfragen deine verzerrte Gedanken: Arbeite daran, negative Denkmuster und Überzeugungen zu ändern, die sich während der Traumabindung entwickelt haben.

"Trauma-Bonding-Entzugssymptome"
Der Entzug von Trauma-Bindungen kann verschiedene emotionale und psychologische Symptome auslösen. Betroffene können ein starkes Verlangen nach der Anwesenheit der Person, an die sie gebunden sind, verspüren, ähnlich dem Verlangen, das beim Entzug von Drogen auftritt. Zu den Symptomen können gehören:
Intensive Sehnsüchte: Starkes emotionales und psychologisches Verlangen nach der Anwesenheit und Anerkennung des (Ex-)Partners, der das Trauma verursacht hat.
Ängste: Gefühle der Besorgnis, Unruhe und des Unbehagens, die oft mit der Abwesenheit der toxischen Beziehung zusammenhängen.
Depression: Anhaltende gedrückte Stimmung, Traurigkeit und ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit.
Einsamkeit: Überwältigende Gefühle von Isolation und Einsamkeit.
Zweifel und Versuchung: Momente der Unsicherheit über die Entscheidung, die Bindung unterbrochen zu haben, gepaart mit einer starken Versuchung, den Kontakt wiederherzustellen.
Emotionale Achterbahn: Schwankungen zwischen Hochs und Tiefs.
Verwirrung: Geistige Verwirrung und Ungewissheit über die eigene Identität und den eigenen Zweck ohne den Einfluss der toxischen Beziehung.
Kummer: Trauer über den Verlust der wahrgenommenen Verbindung, selbst wenn sie schädlich war.
Körperliche Symptome: Kopfschmerzen, veränderter Appetit und Schlafstörungen können auftreten, wenn der Körper auf den emotionalen Stress des Rückzugs reagiert.
Isolation: Eine Tendenz zum Rückzug aus sozialen Beziehungen und Unterstützungssystems.
Auch wenn es erstmal schrecklich erscheint, sich all dem auszusetzen, lohnt es sich im Endeffekt mehr als genug. Es geht dabei um dich und dass du endlich wieder gesund und glücklich sein kannst. Und denk daran, je länger du dich in dieser traumatischen Bindung befindest, desto schwerer wird es für dich, davon zu lösen, desto mehr Jahre "verlierst" du, in denen du eine wohlwollende und gesunde Beziehung führen könntest oder auch einfach alleine das Leben geniessen kannst.
Also behandle diese Beziehung wie eine Sucht und löse dich davon!
Erkennst du dich und deine Beziehung in diesem Beitrag wieder? Willst du die toxischen Muster endlich durchbrechen und wieder frei sein? Setzt dich mit mir in Verbindung und ich erkläre dir, wie ich dich professionell unterstützen kann.
Alles Liebe,
Alexandra
Comments